Bosse

Wie bereits in den Vorjahren wurden wir auch 2019 wieder aufs PULS Open Air eingeladen und hatten die Chance, die Bands nicht nur live auf der Bühne zu genießen, sondern auch ein paar davon backstage für ein Interview zu treffen. Einer der auserwählten Artists, Aki Bosse, hat sich mit uns zusammengesetzt und uns alles zu seiner neuen Single, seinen Musikvideos und seiner Meinung zu Festivals erzählt.

Deine neue Single heißt „Hallo Hometown“. Was bedeutet Heimat für dich?
Mittlerweile gibt es zwei, drei Heimaten. Dadurch dass wir als Familie auch viel im Ausland gewohnt haben, ist Heimat immer da wo der Tanzverein meiner Tochter ist – wo sie ihre Base hat und ihre Schule. Da ging das bei mir immer einigermaßen schnell. Mittlerweile aber Hamburg. Die ist die einzige Hamburgerin in der Familie. Aber auch Istanbul – da waren wir ungefähr ein Jahr. Da hatte meine Tochter ihre Kita, dann ist sie tanzen gegangen. Dann wusste ich, man hat diesen Weg, und wenn man den dreimal geht, kann man da auch zuhause sein. Ansonsten natürlich da wo meine Freunde sind, und auch da wo meine Oma ist – das ist eben meine ganz alte Hood.

Deine Musikvideos sind immer ziemlich aufwändig – oft spielen Gaststars mit. Wie kann man sich den Entwicklungsprozess vorstellen? Wer hat die Idee und wie entstehen dann deine Videos?
Es kommt immer so zustande, dass man wenig Geld für Musikvideos hat. Ich hab einen alten Sandkastenfreund, Christopher, und Katja – die kenn ich schon ewig, die haben damals, als ich 17 war, das erste Video zusammen gedreht, und jetzt haben wir vor zwei Wochen das 18. gemacht. Ich hab nie mit jemand anderem gedreht. Es ist immer so, dass ich die Idee hab (und dann wissen die, wir haben nicht so viel Geld) und wie bei „Hallo Hometown“ oder „Ich wart auf dich“ ruf ich dann eigentlich immer irgendwelche Profis an, die auch meine Freunde sind – in dem Fall Bjarne Mädel, weil ich Bjarne so gern mag, aber weil der vor allen Dingen so viel tiefer ist, als die Leute denken. Aber vor allem ist er auch lustig. Oder Laura Tonke, weil ich vor 10 Jahren mit ihr „3 Millionen“ gedreht hab. Das sind also meistens alte Freunde. Oder ich treff eben Anna Maria Mühe (und dann fragt die mich und dann sag ich ja und ruf die eben an.) Ansonsten braucht man immer eine Idee und das ist manchmal nicht so einfach. Aber was ich nie mach – das machen ja viele Bands – dass die Plattenfirma was rausgibt und sagt „Hey, das ist der Song, schreibt da mal ein Treatment!“ Da kommt immer derselbe Murks, und der ist immer teuer, und das fand ich immer schon scheiße. Also ich muss es irgendwie selber machen.

Das merkt man deinen Videos auch an…die wirken immer sehr persönlich.
Ja, das ist dann eben auch wirklich von mir.

(c) Sandra Wilbury

Kommen wir zu ein paar Festivalfragen…
Bist du oder warst du selbst Festival-Gänger?

Ich war einmal in Roskilde und ansonsten war ich noch nie privat auf einem Festival, weil ich seit ich 14 bin immer als Backliner bei Bands gearbeitet habe. Ich hab immer Gitarren aufgebaut. Damals hatten wir bei uns auf dem Dorf eine Band, die hießen Such a Surge. Die waren in den 90ern in der Crossover-Zeit einfach riesig und haben dann Co-Headliner vor Rage Against The Machine bei Rock am Ring gespielt und so. Dann hab ich bei Farin Urlaub T-Shirts verkauft und hab einfach ganz viel im Musikbereich gearbeitet. Deswegen hab ich da sowieso immer rumgehangen. Ich hab aber nie gezeltet oder so – außer einmal in Roskilde.

Würdest du gern auf ein Festival gehen – als Besucher?
Ja. Kommt aber schon darauf an…ich muss sagen, ich bin jetzt 39 und bei mir ist diese „Ich hab ‘ne Neonsonnenbrille auf und mach mich total voll und bin ganz frei und hab megaviele Kondome mit“ – Zeit irgendwie vorbei. Das funktioniert alles nicht mehr. Es gibt mittlerweile Festivals, wo ich mit meiner Tochter hin kann. Da spielt dann PJ Harvey und es sind ein paar ältere Leute da. Da würde ich jetzt noch hingehen. Der Rest wäre mir persönlich zu schlammig und zu stressig, kein Witz. Meine beste Freundin hat eine 20-jährige Tochter, die geht dann eben aufs Hurricane, aufs Melt, überall hin. Und ich kann ihr dann Karten klarmachen oder einen Duschpass geben, aber mehr will ich damit nicht zu tun haben. Ich zelte lieber in Neuseeland oder so.

Hast du trotzdem Tipps für Leute, die dieses Jahr zum ersten Mal auf ein Festival gehen?
Mein erster Tipp ist sich frei zu machen. Das ist ja das Schöne – diese Freiheit auf so einem Festival, dieses gemeinsame Erlebnis „Musik“. Dann ist es aber auch wichtig, nicht den Kopf auszuschalten, was die Plastikproblematik angeht – das Zelt, die Wegwerfartikel, all das. Ansonsten immer viel trinken, gut eincremen und wie gesagt, Verhütung ist das A und O.

Erinnerst du dich an das erste Festival, das du gespielt hast?
Das allererste Festival war bei mir auf dem Dorf. Daran erinnere ich mich noch ganz gut. Ich hab eigentlich mein ganzes Leben lang so Festivals gespielt wie in Neumünster – in der Stadt, auf dem Anhänger, vor einem Brunnen wo Junkies saßen. Und die haben dann geschrien: „Spiel mal was von Marius!“ Das waren so die Anfangserfahrungen. Und das erste richtig große war dann Rock am Ring. Da sind wir damals mit Bosse – das ist auch schon 14 Jahre her oder so – für irgendjemanden eingesprungen und haben gegen Prodigy gespielt, die aber scheiße waren an dem Tag. Und dann waren bei uns plötzlich 25.000 Leute vor der Bühne – und wir waren noch so ‘ne richtig kleine Hutzelband. Das war glaub ich bis jetzt so die schönste Erfahrung. Da hab ich wirklich noch eine VHS Kassette, die ich wahrscheinlich noch meinen Enkeln zeig, weil wir da alle noch ganz klein sind und mit Hasenzähnen vor ganz vielen Leuten spielen und es gar nicht glauben können.

Gab es andere ganz besondere Erlebnisse?
Das. Ansonsten waren die immer neben der Bühne. Ich kann mich noch erinnern als ich als kleiner Pöks – ich hab ja so mit 14 angefangen hinter der Bühne zu arbeiten – zum ersten Mal Metallica vom Bühnenrand gesehen habe. Das war glaub ich bei Rock am Ring. Oder Rage Against The Machine – die waren Wahnsinn. Ich hab auch damals noch ein paarmal Nirvana gesehen, von hinter der Bühne. Da war ich der größte Fan. Ich glaub unser schönstes Erlebnis muss vor zwei Jahren auf dem Hurricane gewesen sein, als das ins Wasser gefallen ist und das doofe Gewitter war. Wir hatten am Sonntag so ‘ne Co-Headliner Zeit, wo man das Gefühl hatte, dass alle so verschlammt sind und alle Zelte sind schon weggeflossen – wir waren dann glaub ich die zweite Band, die überhaupt gespielt hat, und das war schon gut, weil die sich einfach so gefreut haben und wir uns auch.

Was ist die beste Band die du je live gesehen hast?
Ich glaub die allerbeste Festivalband sind für mich immer Rage Against The Machine gewesen. Die sind Wahnsinn. Da dachte ich wirklich: „Mehr Energie geht nicht.“ Sonst mag ich Friska Viljor ganz gerne live, weil die eben auch sehr energetisch sind. Ich find aber auch Lily Allen gut, weil ich sie lustig finde. Wenn Menschen aus England kommen ist das ja immer schon mal ein Vorteil, finde ich, weil die viel mit Humor regeln. Von den deutschen Bands finde ich schon nach wie vor die Beatsteaks am stärksten.

(c) Sandra Wilbury

Zum Schluss haben wir noch ein paar Entweder / Oder – Fragen für dich…
Bier oder Wein? Wein.
Soviel Gigs wie möglich oder Zeltplatzparty? Zeltplatzparty.
Zelten oder Hotel? Hotel. (lacht) Dumm auch mit der Zeltplatzparty, aber danach geh ich ins Hotel.
Viel Gepäck oder Hoodie, Jeans und Dosenbier? Viel Gepäck.

Was sind deine Pläne fürs restliche Jahr 2019?
Wenn eine Platte kommt, spielen wir alles, jede Milchkanne und alles was groß ist, und das ist eben dieses Jahr. Das bedeutet eigentlich immer, dass ich am Donnerstag in den Bus steig und am Sonntag ziemlich zerstört nach Hause komme. Der Montag ist mein Sonntag. Dienstags und mittwochs schreib ich ein bisschen Musik und kümmer mich um meine Familie. Am Donnerstag fahr ich wieder los. Das ist der Plan für die nächste Zeit.
Ansonsten mach ich ein bisschen Urlaub.

Lieben Dank an Aki Bosse für das Interview und wie immer herzlichen Dank an PULS für die Einladung!